HR Interim Manager sind gefragt wie nie. Inmitten von weltumspannenden Ereignissen, dynamisierten Märkten und einem beharrlich konstanten Fachkräftemangel setzen Unternehmen – auch für ihre HR-Positionen – zunehmend gern wendige Manager auf Zeit ein.
Passend dazu kommen Personaler immer häufiger in die Versuchung, HR Interim Management für sich als berufliche Alternative in Betracht zu ziehen. Selbstverwirklichung, Unabhängigkeit, abwechslungsreiche Herausforderungen oder auch Sicherheitsstreben (z. B. zum Schutz vor fusionsbedingten Umstrukturierungen) machen den Start in die berufliche Selbständigkeit für viele attraktiv.
Doch ist jeder Personaler für einen Wechsel in eine freiberufliche Interim-Tätigkeit geeignet? Gibt es bestimmte Voraussetzungen, die solch einen Karrierewechsel in einem nahezu abgesicherten Modus möglich machen? Und welche Fehler sollten beim Umstieg unbedingt vermieden werden, um einen gelungenen Start hinzulegen?
Diese Fragen und weitere wichtige Erfolgsfaktoren möchte ich im Folgenden für Sie durchleuchten.
HR Interim Management – ein Zukunftsmarkt?
Als ich im Jahr 2010 den Weg in die Selbständigkeit als HR Interim Manager eingeschlagen habe, waren ca. 7 % aller Interim Mandate im HR-Bereich. Bis heute hat sich der Anteil der HR Interim Mandate mit knapp 18 % mehr als verdoppelt, Tendenz steigend.
Für viele Entscheider in den Personalabteilungen ist Interim Management mittlerweile die Lösung erster Wahl, wenn es z. B. um temporäre Engpässe, Kompetenzergänzung oder spezielle Projektaufgaben geht.
Aber ist die starke Zunahme der HR Interim Mandate eine temporäre Erscheinung? Oder deutet sie auf einen langfristig attraktiven Zukunftsmarkt hin – sowohl für Unternehmen wie auch für HR-Profis, die für sich einen Wechsel ins Interim Management erwägen?
Natürlich wird es auch in diesem Markt immer wieder zyklus- und ereignisbedingte Schwankungen geben, wie aktuell z. B. durch den Ukraine-Krieg und die massiven Preissteigerungen. Der hohe Bedarf für flexible Lösungen wird allerdings bleiben, auch auf lange Sicht.
Gründe hierfür sind nicht nur Nachholeffekte durch Digitalisierungsprojekte und die Tatsache, dass „das Business“ weiterhin händeringend professionelle HR-Unterstützung zur Behebung des Fachkräfte- und Nachwuchsmangels benötigen wird.
Auch innerhalb von HR schlägt der demografische Wandel zu und wird für Unternehmen zunehmend zum strategisch kritischen Engpass. Zudem haben viele Firmen versäumt, in den HR-Bereich zu investieren. Und wenn sie doch investiert haben, wurde meist zu viel Zeit und Energie für den Umbau zum HR-Business-Partner-Modell eingesetzt. Nicht selten auf Basis von zentralisierten und / oder ausgelagerten HR Shared Services nach Dave Ulrich, mit oft viel zu komplexen und am End-User vorbei konzipierten HR-Systemlandschaften.
Strategisch wesentlich bedeutsamere Themen blieben so auf der Strecke. Heute haben diese Themen enormen Nachholbedarf, treffen aber auf fehlende Kompetenz und / oder Kapazität im eigenen Hause.
Die Agilität ist ein gutes Beispiel für diese in Rückstand geratenen Themen. Hier hat der Großteil der deutschen HRler und HRlerinnen den Einstieg komplett verpasst. Doch gerade hier hätte HR eine bedeutende Rolle als Organisation-Mitgestalter spielen können. Nicht umsonst ist Deutschland in dieser Hinsicht Schlusslicht im internationalen Vergleich.
Darüber hinaus sind Employer Branding, Talent Acquisition, Personal- und Organisationsentwicklung mit dem Business in vielen Fällen nach wie vor nicht ausreichend miteinander verzahnt. Insbesondere der oftmals kosten- und prozessgetriebene Ansatz im Recruitment geht zu häufig zu Lasten von Qualität. Als Folge bleiben sehr gute Recruiter, die bereit sind in Festanstellung zu arbeiten, Mangelware.
„Des einen Leid, des anderen Freud“ trifft hier wohl deutlich zu.
HR Interim Manager Aufgaben – welche HR-Profis sind gefragt?
Die Zahl der verfügbaren HR Interim Manager, die für eine Vielzahl von Projekten fehlen, ist enorm groß. Insbesondere freiberufliche HR-Experten der folgenden Bereiche können sich längerfristig und quasi in Vollauslastung auf sehr attraktive Projektmöglichkeiten freuen:
Compensation & Benefit, HR Analytics / HR Controlling, HR-Digitalisierung / HCM-Systeme sowie Entgeltabrechnung (Leitung). Obwohl stärker von konjunkturellen Schwankungen betroffen, stehen Talent Acquisition Manager bzw. Recruiter mit ausgeprägten Active Sourcing-Kompetenzen ebenfalls einer hohen Nachfrage gegenüber.
Auch für Employer Branding könnte in Zukunft der Bedarf steigen, denn viele Unternehmen haben bei diesem Thema nach wie vor erheblichen Nachholbedarf. Es zeigt sich immer deutlicher, dass operative Recruiter, die das Employer Branding oftmals nebenbei aufbauen / steuern, dies nicht in der nötigen Qualität und Tiefe leisten können. Zudem fehlt ihnen meist die hierfür notwendige Marketingkompetenz.
Als HR Interim Manager selten nachgefragt sind Spezialisten für Personal- und Organisationsentwicklung. Zum einen liegt hier von Unternehmensseite kaum Bedarf vor. Zum anderen gibt es kaum Experten, die für die Implementierung von New Work sowie agilen Methoden und Strukturen einen tatsächlichen Erfolgsnachweis erbringen können. Vielmehr haben viele Berater dieses Feld erfolgreich besetzt und werden es vermutlich auch besetzt halten, da ein Aufholen der Personal- und Organisationsentwickler hier derzeit nicht erkennbar ist.
Anders wiederum sieht es für HR Generalisten wie Personalleiter, (Senior) HR Business Partner und Personalreferenten aus. Für entsprechend aufgestellte HR Interim Manager ist dieser Markt derzeit sehr attraktiv. Die Einsatzschwerpunkte erstrecken sich dabei über eine enorme Bandbreite: Vom Lückenfüller infolge nicht besetzter Vakanzen mit dem üblichen, hauptsächlich operativen Aufgabenspektrum über die Krankheits- und / oder Elternzeitvertretung bis hin zur Unterstützung bei Sonderthemen, wie z. B. Kurzarbeit, Restrukturierungen inkl. Verhandlungen von Interessenausgleichen und Sozialplänen, M&A-Situationen, etc. Mit einer besonders ausgeprägten Spezialisten-Kompetenz sind auch Mandate mit einem solchen Fokus realistisch.
Erfolgreiche Interim Manager im HR-Bereich: Auf welche Kernkompetenzen kommt es an?
Als grundlegende Voraussetzung gilt eine ausreichende praktische Berufserfahrung von mindestens 10 Jahren, im Bereich Recruiting kann es auch etwas weniger sein. Ebenso essenziell ist ein professionelles Auftreten mit ausgereifter Persönlichkeit, untermauert von soliden Referenzen mit nachgewiesenen, einschlägigen (Projekt-)Erfolgen in vermarktbaren HR-Bereichen.
Hinzu kommen ein paar Kernkompetenzen, die einem optimalen Festanstellung-Profil sehr ähneln: ausgeprägte Beratungskompetenz, sehr gute analytische und konzeptionelle Fähigkeiten, feinsinnige soziale Empathie sowie eine sehr hohe Umsetzungs- und Moderationsstärke.
Darüber hinaus zählt ein gut bestückter Methodenkoffer für den Einsatz in einem Interim-Mandat: „Klassische“ Werkzeuge wie SWOT, RACI, GANTT, 7-S-Modell, 5-W-Methode oder Stakeholder-Matrix sollten angehende Interim Manager ebenso in der Lage sein selbst zu nutzen, wie sie inzwischen auch mit agilen Prinzipien, Werten und Techniken und deren Anwendung vertraut sein sollten. Insbesondere für Personaler mit viel Erfahrung aus langjähriger Leitungsfunktion ist hier oftmals ein Umdenken erforderlich, denn in Abhängigkeit vom jeweiligen Mandat können sie die Dinge nicht mal eben wegdelegieren, sondern müssen sie ggf. selbst in die Hand nehmen. Die kontinuierliche Weiterbildung sollte deshalb auch die Stärkung der Hands-on-Mentalität beinhalten.
Und auch in Bezug auf die gewohnt aktive Führungsrolle ist eine Umgewöhnung angebracht: Statt direkt die Richtung vorzugeben, zählt hier vielmehr die Fähigkeit, die persönliche Meinung zurückzuhalten und zunächst einmal nur wahrnehmend aufzutreten, selbst wenn der oder die erfahrene Externe die Lösung schon kennt. Eine hohe soziale Adaptionsfähigkeit hilft, diesen Rollenwechsel einzuhalten und nicht in die falsche Richtung vorzupreschen.
Gute Interim Manager agieren mit einer guten analytischen Distanz, die für Kunden den Weg hin zu relevanten Lösungsoptionen und Handlungsempfehlungen bereitet. Wer dann als externer Experte noch den Willen und die Fähigkeit für kritische Selbstreflexion einbringt und auf Basis des eingeholten Feedbacks klug handelt, wird mit einem sozialverträglichen und situativ adaptiven Verhalten viel erreichen können.
Die Erfahrung zeigt hier, dass insbesondere die sehr berufs- und lebenserfahrenen HR-Profis von einem blinden Fleck betroffen sind. Nicht selten ist dieser blinde Fleck besonders groß, wenn Personaler besonders viele Berufsjahre in nur einer Organisation und deren Unternehmenskultur verbracht haben. Für den Start in eine erfolgreiche Interim-Laufbahn ist es wichtig, sich von diesen „Scheuklappen“ zu befreien.
Neben den Kenntnissen und Fähigkeiten, die zur Ausübung eines Mandats wichtig sind, kommt noch etwas hinzu, das für die Anbahnung und die tatsächliche Gewinnung von Mandaten entscheidend ist: gutes Know-how im Bereich Marketing und Vertrieb, um eine wirksame Selbstvermarktung z. B. über das persönliche Netzwerk, XING, LinkedIn, eine eigene Website (inkl. Suchmaschinen-Optimierung) sowie über Interim Management Provider gezielt einzusetzen. Das bringt für viele Personaler eine steile und zum Teil auch unbequeme Lernkurve mit sich.
Wieviel verdient ein HR Profi als Interim Manager?
Interim Management Tagessätze werden auch für HR-Profis gern mit folgender Faustregel kalkuliert: Der Tagessatz eines Interim Managers entspricht 1 % der Jahresbruttovergütung eines gleichgestellten Managers in Festanstellung. Diese Faustregel hilft durchaus in der Kostendiskussion mit potenziellen Auftraggebern. Trotzdem sollte sie lediglich als Orientierungsgröße verstanden werden, von der Abweichungen nach oben und unten möglich sind.
Apropos Stunden- bzw. Tagessatz: Wurden bis vor ein paar Jahren noch fast ausschließlich Tagessätze vereinbart, so ist inzwischen der Stundensatz die Regel geworden. Das ist für alle Seiten fairer und transparenter. Letztlich wird somit das berechnet und bezahlt, was tatsächlich an Einsatzzeit erbracht wurde.
Folgende Faktoren nehmen Einfluss auf die Bepreisung:
- Komplexität der Aufgabe
- zu erreichende Ziele
- notwendige Kompetenzen
- voraussichtliche Dauer des Mandats
- Verhältnis von Home Office zu Tätigkeit vor Ort
- Branche des Auftraggebers
Wichtig ist, dass in die Preisfindung meist nicht die gesamte Bandbreite des jeweiligen Kompetenz- und Erfahrungsprofils, sondern nur die tatsächlich für den jeweiligen Kunden relevante Kompetenz / Erfahrung einbezogen wird.
Gemäß der Provider-Umfrage des Arbeitskreises der Interim Management Provider (AIMP) aus April 2022 lag der durchschnittliche Tagessatz in 2021 bei 1.069 EUR. Das ist jedoch der Tagessatz, den der Kunde entrichtet. Vermittelnde Interim Provider erhalten davon eine Provision, üblicherweise in Höhe von 25 – 35 %. Auch hier gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel.
Spitzenreiter bei den Tagessätzen für HR Interim Manager sind meist Führungsmandate; seltene Spezialgebiete (Leitung Payroll, Projektmgmt. Einführung Workday); Führungspositionen (z. B. Leitung Personal > 1.000 MA) – diese erzielen Tagessätze von 1.200 – 1.400 EUR. (Senior) HR Business Partner liegen etwa bei 750 – 1.000 EUR. Und Recruiter bzw. Talent Acquisition Manager können normalerweise Tagessätze von 600 – 800 EUR generieren.
Für all diese Angaben gilt: Die Beträge enthalten keine Vermittlungsprovision, es kann immer Ausreißer nach oben und unten geben und Reise- und Unterbringungskosten sind manchmal im Tagessatz enthalten, manchmal werden sie auch separat erstattet.
Bei einer laut AIMP im Jahr 2021 durchschnittlichen jährlichen Auslastung von 156 Tagen kann bei einem durchschnittlichen Tagessatz von 900 EUR somit ein Nettoumsatz von 140.400 EUR erreicht werden. Hieraus finanziert werden u. a. Einkommenssteuer, vollständige Aufwendungen für Sozialversicherungen inkl. Altersvorsorge, Arbeitsmittel, Weiterbildung, Mobilität und finanzielle Rücklagen für Auslastungsschwankungen sowie für Urlaub und Krankheit. Dem gegenüber stehen eine Reihe von betrieblichen Aufwendungen, die steuermindernd angesetzt werden können.
Wie werden Reise- und Übernachtungskosten abgerechnet?
Anreise- und Übernachtungskosten sind im Stunden- oder Tagessatz enthalten. Man spricht dann von einem All-in-Satz als Pauschale – oder die Kosten werden on top nach Aufwand berechnet. Bei einem All-in-Satz kann noch zwischen einem Onsite- und Remote-Satz unterschieden werden. Onsite enthält einen Anteil für die Reise- und Unterbringungskosten, Remote logischerweise nicht.
Diese Kosten für An- und Rückreise, Unterkunft und Verpflegung können bei einem vollen Monat Einsatz vor Ort schon einmal über 3.000 EUR betragen (vor allem in Großstädten und zu Zeiten mit hoher Hotelauslastung wie z. B. Messen). Es gilt daher bei einer All-in-Vereinbarung die Ausgaben gut im Auge zu behalten, um innerhalb des Budgets zu bleiben. Eine sorgsame Dokumentation und Aufbewahrung sowie die Vorlage von Belegen bei On-Top-Vereinbarungen versteht sich von selbst.
In Bezug auf die aktuellen Gepflogenheiten bei der Berücksichtigung von Reisezeiten und der Höhe von Reise- und Hotelkosten gibt es zwar keine allgemeingültigen Standards. Die Reisekostenordnung des Kunden ist aber immer ein sehr guter Orientierungspunkt.
Grundsätzlich gilt, dass alle Details zu den Reise- und Unterbringungskosten im Vorfeld mit dem Kunden geklärt werden, um Missverständnisse oder unerwartete Kosten zu vermeiden. Wenn das Mandat über einen Provider vermittelt wurde, sollten Sie dessen Unterstützung in diesem Punkt erwarten dürfen.
Wie bereite ich einen gelungenen Einstieg ins Interim Management vor?
Der Wechsel ins Interim Management sollte möglichst eine bewusste, gereifte Entscheidung sein, die nicht aus einer Notlage heraus erfolgt. Für einen Großteil der wichtigen Recherchearbeit bietet das Internet eine ganze Reihe von hilfreichen Informationen, wie z. B. die frei verfügbaren Studien zum Interim Markt, welche die Dachgesellschaft Deutsches Interim Management e. V. (DDIM) zur Verfügung stellt.
Unverzichtbar ist das persönliche Gespräch mit im Markt bereits erfolgreich agierenden Berufskolleginnen und Kollegen. Darüber hinaus zeigt sich die Kontaktaufnahme mit etablierten Interim Vermittlern (Provider) als sehr hilfreich, um deren Perspektive einzuholen. Im deutschen Markt gibt es einige wenige auf die Vermittlung von HR-Experten spezialisierte Boutiquen, die hier die ersten Ansprechpartner sein können.
Ist die Entscheidung gefallen, gilt es, die formalen Schritte einzuleiten, die für die Etablierung einer Selbständigkeit erforderlich sind. Sehr gute Informationen bietet hier das Existenzgründerportal des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.
Für die Gründungsphase ist es wichtig, das eigene Angebotsportfolio zu konkretisieren und ein professionelles Profil aufzubauen. Ein einfaches „copy & paste“ Ihres CVs ist nicht empfehlenswert. Vielmehr geht es darum, wie ein Marketingprofi zu denken und eine professionelle Produktbeschreibung zu erstellen (das Produkt sind Sie). Wichtig dabei ist auch, dass Ihr Profil die richtig formulierten Schlüsselwörter enthält, damit es durch IT-Systeme gefunden werden kann. Einige Interim Provider bieten hierfür inzwischen sehr hochwertige Hilfestellungen an.
Grundsätzlich kommt dem Thema „Vermarktung und Vertrieb in eigener Sache“ eine entscheidende Schlüsselfunktion zu. Im Vorteil sind diejenigen, die zügig ihre neue Rolle adaptieren – vom Angestellten zum Dienstleister, der nun nicht mehr einem Arbeitgeber, sondern mit eigenem Marktauftritt seinen Auftraggebern gegenübersteht. Neben nützlicher Marketing-Lektüre können sogenannte „Berater-Berater“ bisher festangestellten Personalern dabei helfen, die hierfür nötige Kompetenz aufzubauen.
Für HR Interim Manager ist Netzwerken der wichtigste Baustein einer erfolgreichen Selbstvermarktung. Deshalb sollten Sie ein attraktives Social Media Profil (z. B. bei LinkedIn und XING) einrichten und für dieses mit den richtigen Schlüsselbegriffen und mit Inhalten, die für Ihre Zielgruppe höchstrelevant sind, regelmäßige Sichtbarkeit erzeugen. So können laufend neue, relevante Kontakte (und damit mehr Sichtbarkeit für Ihre Dienstleistungen) generiert werden.
Darüber hinaus lohnt es sich, überhaupt Ihr gesamtes persönliches und berufliches Netzwerk über Ihren Karrierewechsel zu informieren und mögliche Lösungen, die Sie für den individuellen Bedarf dieser Kontakte liefern können, aufzuzeigen. Wer eine berufliche Laufbahn mit mehreren Stationen in unterschiedlichen Unternehmen mitbringt, und die daraus entstandenen Kontakte regelmäßig pflegt, ist hier in der Reichweite im Vorteil.
Als wichtigste Vermarktungsaktivität sollte die Pflege und der zielgerichtete Ausbau des eigenen Netzwerks – sowohl online, wie auch durch Offline-Aktivitäten – nach dem Motto „ständig und stetig“ betrieben werden. Durch Ihren Rollenwechsel zum Interim Manager können sich die Beziehungen innerhalb Ihres Netzwerkes durchaus verändern. Für manche sind Sie in Ihrer neuen Funktion als freiberuflicher Interim-Profi nicht (mehr) relevant, für andere darum umso mehr.
Zur Stärkung des eigenen Marktauftritts ist die Einrichtung einer eigenen Website sehr empfehlenswert. Im Idealfall locken Sie z. B. mit gezieltem Content Marketing diejenigen auf Ihre Website, die in Suchmaschinen nach Themen / Lösungen suchen, die in Ihrem Kompetenz-Portfolio liegen. Der initiale Aufwand zur Einrichtung des Content Marketings wird hier im Verlauf mit einem steigenden, kostenlosen „Grundrauschen“ von relevanten Website-Besuchern belohnt, aus denen laufend neue Auftraggeber generiert werden können.
Sehr hilfreich für die Auftragsgewinnung sind Interim Provider. Die Szene hat sich über die letzten Jahre weiter professionalisiert und kontinuierlich an Qualität gewonnen, wie die Umfrage zur Qualität der Interim Management Provider durch die Ludwig Heuse GmbH aus dem Februar 2022 wieder bestätigt hat.
Interim Provider sind für einen Interim Manager als dessen externe Vertriebsabteilung im Einsatz. Vielversprechende Partner für (angehende) Interim Manager sind vor allem solche Provider, die:
- als fairer und transparenter Partner auf Augenhöhe agieren und an Lösungen für alle Beteiligten interessiert sind
- sich als Sparringspartner anbieten und in der Lage sind, Mandate sehr gut zu qualifizieren
- ihre Interim Manager aktiv begleiten und mit wertvollen Hinweisen versorgen
Mit diesen Auswahlkriterien spricht für HR Interim Manager nichts dagegen, sich bei einer Vielzahl von Providern zu registrieren, um über eine große Auswahl die richtigen Partner zu finden.
Wenn Sie mit einem Provider über ein konkretes Mandat ins Gespräch gekommen sind, gilt es für Ihren Austausch ein paar marktübliche Gepflogenheiten zu beachten:
Beispielsweise erfolgt eine Nennung des Kunden üblicherweise erst nach Abschluss eines Rahmenvertrages, der dem Provider Kundenschutz garantiert. Zudem sollte der Provider während des Anbahnungsprozesses bezüglich einer konkreten Mandatsanfrage über weitere laufende Anfragen und deren Status informiert sein.
Allgemeinhin empfiehlt sich eine aktive und transparente Kommunikation, wozu auch die regelmäßige Zurverfügungstellung eines aktuellen Profils zählt. Um die eigene Vermarktungsfähigkeit zu steigern, sollten Sie jedes weitere absolvierte Mandat in Ihrem Profil ergänzen.
Im laufenden Mandat ist es ratsam, einen regelmäßigen Austausch mit dem Provider zu installieren. So können Sie beispielsweise bei Bedarf ein Sparring abstimmen oder einfach mal eine andere Perspektive für eine angestrebte Lösung aufnehmen.
Wenn Sie diese Gepflogenheiten respektieren, schaffen Sie eine gute Grundlage für eine langfristige und erfolgreiche Kooperation.
Wie bereite ich mich auf ein konkretes Interim Mandat vor?
Vor dem Start eines jeden Projektes steht der erfolgreiche „Pitch“. Dieser ist oft ein Kennenlerngespräch per Video, bei dem es im Idealfall um eine gegenseitige Vorstellung, Auftragserläuterung, -klärung und die Darstellung der relevanten Kompetenzen und Erfahrungen für die Auftragserfüllung geht.
Es kann aber auch vorkommen, dass ein mit Interim Management unerfahrener Kunde wie bei einem Job-Interview agiert und sich den Lebenslauf schildern lassen möchte. In einer solchen Situation gilt es sanft gegenzusteuern und die Brücke zu bauen zwischen den bisher bekannten Auftragszielen des Kunden, dem eigenen Portfolio und einer möglichen Vorgehensweise für die Lösung der Probleme des Kunden. Mit diesem Fokus können Sie einen qualitativ besseren und vor allem zielgerichteten Dialog erzeugen.
Unabhängig davon ist es gut darauf vorbereitet zu sein, dass selbst ein im Vorfeld noch so gut qualifiziertes Mandat hohe Dynamiken mit viel Unvorhergesehenem entwickeln kann, denn auch das gehört manchmal zum Geschäft. Dann ist es wichtig, die Auftragsklärung mit dem Kunden zusammen nachzujustieren. Dies kann ggf. auch Einfluss auf die Laufzeit eines Auftrags nehmen. Nicht unüblich sind dann Verlängerungen.
Beim Start in ein Mandat sollte eine Kommunikation zur Aufgabe und Person innerhalb der Organisation stattgefunden haben, auch die Logistik sollte stehen. Der Kunde ist dafür verantwortlich, dennoch ist es gut, dies vor dem Start noch einmal abzufragen.
Als Interim Manager im Einsatz ist es wichtig, direkt zu Beginn die Vernetzung mit den wesentlichen „Stakeholdern“ voranzutreiben und deren Interessenlage und Einflussfähigkeit für die Auftragsziele schnell einzuordnen. Es gilt dabei viele Fragen zu stellen, zu beobachten, wahrzunehmen – und die eigene Meinung deutlich nach hinten zu stellen.
Nach einer ersten Phase des Sammelns empfiehlt sich nach ca. 2 bis 3 Wochen eine mehr oder minder umfangreiche Präsentation an den Kunden zu überreichen, die
- den ursprünglichen Auftrag nochmals bestätigt
- die inzwischen gesammelten Informationen und Eindrücke sozialverträglich einfließen lässt
- ggf. Empfehlungen für Auftrags-Adjustierungen ausspricht
- schnelle Gewinnmöglichkeiten bzw. „Quick Wins“, sowie die wesentlichen, längerfristigen Kernprioritäten, Zeitschienen Ressourcen etc. verifiziert
Sind Sie mit dem Kunden schließlich in Übereinstimmung gekommen, ist die Erstellung einer Prioritätenliste und deren kontinuierliche Aktualisierung und Abstimmung mit dem Kunden sehr hilfreich. Zu guter Letzt geht es dann „nur noch“ um das fokussierte Liefern der vereinbarten Lösungen.
Erfolgt der Einsatz über einen Provider, ist insbesondere in der Anfangsphase enger Kontakt mit diesem wichtig. Ein guter Provider wird sich auch Feedback des Kunden einholen, dieses zurückspiegeln und falls notwendig als Sparringspartner und / oder Moderator im Sinne der Auftragserfüllung agieren. Auch bei besonders sensiblen Themen – z. B. solchen, die die Person des Auftraggebers persönlich betreffen – ist es am besten, wenn Sie vorher den Provider vertraulich zu Rate ziehen.
Steht ein Mandat vor dem erfolgreichen Abschluss, sollten Sie den Kunden um eine schriftliche Referenz bitten. Oftmals üblich ist, dass Interim Manager diese dann selbst vorformulieren dürfen. Solche Referenzen können Sie dann auch den jeweiligen Interim Providern zur Verfügung stellen.
Insider-Tipp: Beantworten Sie sich diese 3 Fragen!
Bin ich emotional und sozial gut aufgestellt?
Faktoren wie die eigene emotionale Aufstellung, die Risikobereitschaft, die finanzielle Rücklagen-Situation, das persönliche Lebensmodell sowie die soziale Situation sind der Erfahrung nach für die Entscheidungsfindung besonders wichtig. Leider finden sie bei der Abwägung Festanstellung vs. Interim Management viel zu selten ausreichend Beachtung.
Wie wichtig ist es mir, mich zu einer Gemeinschaft zugehörig zu fühlen und möglichst längerfristig Bestandteil dieser Gemeinschaft zu sein? Wer hier ein ausgeprägtes Bedürfnis hat, muss sich darüber im Klaren sein, dass Interim-Profis kommen, um zu gehen. Das erfordert eine stetige und bewusste Steuerung der Balance zwischen hoher Integrität gegenüber dem Auftraggeber, der Identifikation mit der Aufgabe und einer gesunden Distanz zu Personen.
Interim-Einsteiger, die eine berufliche Vita mit mehreren, vergleichsweise kürzeren Verweildauern in Organisationen mitbringen, sind hier im Vorteil. Sie gehören meist zur Gruppe der „Projekttypen“, die grundsätzlich immer wieder gerne einmal eine neue Stimulation durch den Wechsel des Umfeldes suchen.
Auch hinsichtlich der persönlichen Risikobereitschaft sind Interim Manager im Vergleich zu Festangestellten mehr herausgefordert. Als Selbstständige tragen sie Risiken für Auftragssuche, auftragslose Phasen oder auch mögliche Zahlungsausfälle des Kunden. Solche Situationen, die ggf. auch das Abschmelzen und wieder aufbauen müssen einer finanziellen Rücklage bedeuten, gilt es emotional aushalten zu können. Empfehlenswert ist übrigens ein finanzieller Puffer von 6 bzw. für besonders Vorsichtige von 12 Nettomonatsbedarfen.
Von bestimmten Metropolregionen wie München und dem Rhein-Main-Gebiet abgesehen, muss zudem die Bereitschaft für eine regelmäßige Pendelei auf Wochenbasis vorhanden sein. Hierbei ist es unerheblich, ob jemand 3 Tage vor Ort und 2 Tage im Home Office ist oder wie früher 5 Tage vor Ort – der Reiseaufwand ist letztlich der gleiche. Diese regelmäßige Pendelei hat Auswirkungen auf das familiäre und soziale Leben und sollte möglichst frühzeitig mit dem engsten Kreis offen besprochen und durchdacht werden.
Bin ich bereit für den Arbeitsmodus „wendig & flexibel“?
Interim Managern wird in Bezug auf Auftragsinhalte, Zeitvorgaben und das unternehmenskulturelle Umfeld eine hohe Flexibilität abverlangt. Aufträge können ungeplant oder zu Zeiten kommen, in denen eigentlich eine Pause eingeplant war. Ebenso können die Aufträge kürzer oder länger dauern, als geplant. Auch der Auftrag selbst kann sich ändern. Oder er findet an einem Ort statt, der allgemeinhin als „landschaftlich attraktiv“ beschrieben wird. Das aktive Bespielen des Netzwerks kann während der Wahrnehmung eines Auftrages oft nur am Rande praktiziert werden.
Mit Blick auf die Zunahme von Home-Office-Lösungen gilt insbesondere für Interim Manager (besonders bei Mandaten mit operativem Betreuungsschwerpunkt), dass eine gewisse Präsenz vor Ort gewünscht, aber auch hilfreich für die eigene Wirksamkeit und somit die Auftragserfüllung ist. Hier wird das so wichtige Agieren als „Influencer vor Ort“ im Sinne der Aufgabe oft von Kunden explizit gewünscht (und von vielen HR-Profis auch von sich aus als selbstverständlicher Erfolgsfaktor eingebracht).
Hybrides Arbeiten mit einer ausgewogenen Mischung aus Home-Office und Vor-Ort-Präsenz ist also auch im Interim Management Usus geworden. Abhängig vom jeweiligen Mandat können die Präsenzzeiten variieren. HR-Mandate, die komplett remote absolviert werden können, sind inzwischen jedoch eher die Seltenheit. Eine der wichtigsten Anforderungen an einen Interim Manager ist somit die Bereitschaft, mehrere Tage im Hotel zu leben, da sie zur Stärkung ihrer persönlichen Vermarktungsfähigkeit idealerweise deutschlandweit, mindestens aber überregional einsetzbar sein sollten.
Viele Manager auf Zeit sehen vor allem in der Abwechslung, die unterschiedliche Mandate und Kunden mit der Zeit mit sich bringen, einen sehr geschätzten Punkt, den sie nicht missen möchten.
Ein besonders attraktives Element ist für viele Interim-Profis zudem die Möglichkeit, längere Pausen für private Projekte einlegen zu können. Beispielsweise für längere Reisen über mehrere Monate, was ja in einer Festanstellung nur im Rahmen eines Sabbaticals möglich wäre. Auf diese Weise bietet Interim Management eine etwas andere Art der Work-Life-Balance, welche von vielen als deutlich weniger Hamsterrad und mehr Selbstbestimmung empfunden wird.
Bin ich Dienstleister mit gesunder Service-Mentalität?
Auch freiberufliche Interim Manager sind nicht frei von gewissen Abhängigkeiten. Allen voran ist hier die Abhängigkeit vom Kunden zu nennen, der mit einer guten Einstellung begegnet werden sollte. Es gilt: Der Kunde bestellt die Musik und darf somit bestimmen, was gespielt wird.
Solange es sich nicht um ethisch grenzwertige Anforderungen handelt, ist es die Aufgabe von Interim Managern, sich sozialverträglich und auftragsorientiert zum Takt zu bewegen.
In Kombination mit einer gesunden Zurückhaltung, Selbstreflexion und dem Einbringen von Wahrnehmungen als Empfehlungen für den Kunden, kann dieser Tanz für beide Seiten sehr schöne Ergebnisse hervorbringen.
Sie möchten noch mehr darüber erfahren, wie HR-Profis ihren erfolgreichen Wechsel ins Interim Management vorbereiten und welche Tipps etablierte Interim Manager für den Einstieg geben? Dann schauen Sie sich gern unser Webinar Vom angestellten Personaler zum ausgebuchten HR Interim Manager – Insider berichten an.