AI Recruiting – worauf kommt es heute und morgen an?

16. Februar 2024

KI im Recruiting

AI Recruiting, oder zu Deutsch Künstliche Intelligenz im Recruiting, verhält sich als Thema ähnlich kontrovers, wie die Debatte über KI im Allgemeinen ist. Wer hätte gedacht, dass ein so hochtechnisches Thema einmal Gegenstand so hochemotionaler Diskussionen wird?

Bei vielen könnte die Euphorie darüber, wie KI unser aller (Arbeits-)Leben verbessern wird, kaum größer sein. Gleichzeitig werden zahlreiche Skeptiker nicht müde, beharrlich auf eine nicht mehr kontrollierbare, gefährliche Verselbständigung von Künstlicher Intelligenz hinzuweisen.

Enthusiasten, die in ihrer Begeisterung sämtliche Gefahren und Risiken ausblenden, sind dabei ebenso schlecht beraten wie Bedenkenträger, die vor lauter Pessimismus nicht mal mehr einen einzigen gesicherten Vorteil von KI erkennen können. Und auch Ignoranten werden erheblich ins Hintertreffen geraten, denn KI ist bereits jetzt eine nicht mehr aufzuhaltende Realität, die sich zukünftig noch stärker ihren Weg in unseren (beruflichen) Alltag bahnen wird.

Was es bei einer so dynamischen Entwicklung von KI braucht, ist eine besonnene, gut aufgeklärte und vor allem differenzierte Sicht auf die Entwicklungen, insbesondere auch mit Blick auf die Nutzung von KI im Recruiting:

Welche Unterstützung können Technologien wie z. B. digitale Bewerbermanagementsysteme, Machine-Learning-Algorithmen und Recruiting-Chatbots aktuell bereits für die Talentsuche und Auswahl qualifizierter Fach- und Führungskräfte leisten? Welche AI-basierten Recruiting-Tools sind zukünftig sinnvoll, um für Recruiter die Arbeit zu erleichtern? Wo liegen die Stärken, wo die Schwächen von KI in der Personalbeschaffung? Gibt es ethische und andere Limitierungen? Und welche typischen Missverständnisse sollten Sie bei der Bewertung von Künstlicher Intelligenz unbedingt kennen?

Viele Fragen, auf die ich im Folgenden eingehe!

AI Recruiting – wie ist der Status Quo?

Passend zur Vielfalt an Meinungen über KI, wird auch mit den Einsatzmöglichkeiten von KI im Recruiting bisher noch sehr unterschiedlich umgegangen. Während in Deutschland bereits ca. 50% der Personalvermittler Künstliche Intelligenz als Unterstützung beim Recruiting einsetzen, sind es laut dem Barometer Personalvermittlung in HR-Abteilungen von Unternehmen bisher nur ca. 20%.

Am ehesten trauen sich Recruiter an die Einbindung von KI für die Erstellung und Optimierung von Stellenanzeigen heran. Die Nutzung von autonomen und eigenständig entscheidenden KI-Lösungen im HR-Bereich ist hierzulande nach wie vor eine Seltenheit. Auch zeigt sich in der Randstad-ifo-Personalleiterbefragung, dass die Aufgeschlossenheit der HR-Bereiche gegenüber KI-Systemen branchenabhängig sehr unterschiedlich ausfällt.

Wer auf AI Recruiting setzen möchte, kann derzeit vor allem folgende Einsatzmöglichkeiten finden:

Stellenangebote

Eine generative KI kann auf Basis von Daten bisheriger Stellenausschreibungen die Erstellung und Optimierung neuer Stellenangebote automatisieren. Im Rahmen des Programmatic Job Advertising ist auch eine Aufbereitung für die optimierte Veröffentlichung der Stellenangebote auf relevanten (Social Media)-Kanälen möglich.

Bewerber-Analyse

Die KI analysiert die Qualifikationen in schriftlichen Bewerbungen auf die Eignung für die jeweils ausgeschriebene Stelle. So ist in Auswahlprozessen über CV Parsing und CV Matching eine schnelle Vorauswahl von potenziell passenden Kandidaten möglich. Sogar eine Vorschau auf die mögliche Job-Performance kann die KI auf Basis der gesammelten Informationen erstellen.

Chatbots

Kandidaten klären wichtige Fragen bereits vor Einreichung ihrer Bewerbung über den Austausch mit Chatbots auf den Karriereseiten des betreffenden Unternehmens. Diese Klärung von Fragen kann sich positiv auf die Qualität der Bewerbungsunterlagen, die sie dann einreichen, auswirken. Auch können Chatbots genutzt werden, um Bewerber und Bewerberinnen durch den gesamten Bewerbungs- und Onboardingprozess zu führen und die dabei gesammelten Informationen aufbereitet an die HR-Abteilung zur Verfügung zu stellen.

Assessment Center

Die lernende KI sammelt im Rahmen des Assessment Centers Daten über die Teilnehmer und kann so ein nützliches Profil hinsichtlich z. B. Kompetenzfeldern, Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften für die Eignungsbewertung von Kandidaten bereitstellen.

Sprachanalyse

Künstliche Intelligenz ist in der Lage, Sprache, Wortwahl oder auch Mimik der Kandidaten zu analysieren und damit z. B. Hinweise darüber, wie gut die Person zur Unternehmenskultur des jeweiligen Arbeitgebers passen, liefern.

Skeptiker aufgepasst: Stärken von KI im Recruiting sind stark

Kaum etwas kann derzeit mit dem Trendthema KI mithalten. Fast täglich kommen neue oder erweiterte AI-Anwendungen auf den Markt, die uns das (Arbeits-)Leben erleichtern sollen. Manche dieser Lösungen haben die Phase der Kinderkrankheiten bereits überstanden, andere stellen sich als noch nicht ausreichend marktfähig heraus. Und zu all dieser Dynamik kommt erschwerend hinzu, dass längst noch nicht alle rechtlichen Fragen geklärt sind und eine klare Regulierung fehlt.

Insgesamt also eine recht unübersichtliche Lage, die eine Lagerbildung sehr begünstigt, auch in Bezug auf AI Recruiting. Die Gefahr eines Scheuklappen-Blicks mit einseitig zu positiver oder auf der anderen Seite zu negativer Betrachtung ist da nicht weit.

Deshalb sollen im Folgenden beide Seiten der KI-Medaille durchleuchtet werden – die Stärken und Chancen ebenso wie die Schwächen und Risiken des AI Recruitings. Fangen wir mit dem Positiven an:

Recruiter gewinnen wertvolle Zeit und können skalieren

Recruiting-Teams können mit der Zuhilfenahme von Künstlicher Intelligenz ihre Arbeitslast erheblich vermindern. Die KI übernimmt per Autopilot vor allem repetitive Aufgaben wie z. B. CV Parsing, Vorbereitung von Vorstellungsgesprächen oder die Dateneingabe in Bewerbermanagementsysteme (Applicant Tracking Software).

So gewinnen Recruiter mehr Zeit für die Erledigung von anspruchsvollen, strategischen Aufgaben. Durch voll- oder teilautomatisierte Prozesse, die unabhängig von Geschäftszeiten laufen können, ist auch die Bewältigung eines höheren Kandidatenvolumens ohne zusätzlichen Ressourcenbedarf möglich.

Qualitative Verbesserung des Recruiting-Prozesses

Mit der Einbindung von KI-Lösungen in den Recruiting-Prozess kann dieser effizienter, schlanker und weniger fehleranfällig verlaufen, sofern die Datenbasis gut ist und Anweisungen an die KI (auch Prompts genannt) passgenau verwendet werden. Eine gut eingesetzte KI-Software erleichtert für Recruiter die Auswahl qualifizierter Fachkräfte und verbessert die Entscheidungsqualität.

Langfristige Kostenminimierung und mehr Tempo

Natürlich entstehen initial Investitionskosten und ein höherer Arbeitsaufwand für die Implementierung von KI-Systemen. Auf lange Sicht kann das Recruiting-Team aber mit weniger Aufwand und Kosten deutlich schneller mehr erreichen, was gerade in Zeiten von Fachkräftemangel, demografischem Wandel und bindungsscheuen Kandidaten ein erheblicher Vorteil ist.

Optimierung der Candidate Journey

Bei einer wohldurchdachten Gewichtung von Künstlicher Intelligenz und menschlicher Präsenz kann die Candidate Journey über den gesamten Bewerbungsprozess bis hin zum Onboarding komfortabler, aktivierender und effizienter gestaltet werden.

Chancengleichheit für Kandidaten durch Objektivität

Auch wenn wir bewusst Vorurteile & Präferenzen vermeiden, ist unser Unterbewusstsein nicht immer gänzlich frei davon, was sich ungewollt negativ auf die Chancengleichheit auswirken kann.

Eine gut programmierte und richtig angewendete KI gleicht diesen menschlichen Faktor bei der Personalbeschaffung durch bessere Objektivität aus, sofern die Lernphase der KI mit „neutralen“ (unbiased) Datensätzen erfolgt ist und der Bias nicht über diesen Weg „verautomatisiert“ wurde. Ein bekanntes Negativ-Beispiel ist hier eine Amazon-Software, deren Trainingsdaten mit Bias infiltriert waren, wodurch der Algorithmus weibliche Kandidatinnen diskriminierte und das KI-Training komplett neu aufgesetzt werden musste.

Die Ergebnisvariablen müssen also ganz genau unter die Lupe genommen werden, damit solche Voreingenommenheiten reduziert werden. KI-Tools sollten daher nicht mit vergangenen Erfolgsfaktoren trainiert werden, sondern mit wünschenswerten oder idealen Indikatoren, die dem Unternehmen künftig von Nutzen sein können.

Verbesserung des Pre- und Onboardings und damit der so wichtigen frühen Bindung

Klug eingesetzt, liefern KI-Lösungen erhebliche Optimierungen für den Pre- und Onboarding-Prozess. Administrative Tätigkeiten, Terminabstimmung, Schulung und die Klärung typischer Fragen kann die KI zuverlässig übernehmen und damit für Personalverantwortliche mehr Freiraum schaffen, um an wichtigen Punkten mehr persönliche Präsenz gegenüber Bewerbern bzw. neuen Mitarbeitern zu zeigen.

Die professionelle Kombination von künstlicher und menschlicher Intelligenz in der Kommunikation mit Kandidaten und neuen Mitarbeitern erzeugt frühzeitig das, was es in diesen Zeiten so dringend braucht: Präferenz und Bindung für den neuen Arbeitgeber.

Enthusiasten aufgepasst: Schwächen von Robot Recruiting nicht ausblenden

Künstliche Intelligenz wird gern als 4. Industrielle Revolution bezeichnet. Und die grundlegenden, disruptiven Veränderungen, die sich immer mehr offenbaren, lassen die KI-Begeisterung bei vielen Enthusiasten ins Unermessliche steigen. Entsprechend groß ist auch die Probierlaune vieler Menschen, auch derjenigen, die ganz normale Anwender und keine ausgewiesenen „Techies“ sind.

Auf Unternehmensseite wird die KI-Entwicklung oft mit deutlich mehr Zurückhaltung beobachtet. Am ehesten tüfteln kleinere Unternehmen, die hinsichtlich Unternehmensapparat, Prozessen und Unternehmensrichtlinien schlanker und wendiger sind, mit KI-Anwendungen, die für ihren Betrieb nützlich sein könnten, herum. Größere Unternehmen sind unter den KI-First-Movern eher selten zu finden.

Allzu lange sollten Unternehmen, egal welcher Größe, allerdings nicht in der rein beobachtenden Haltung verharren, denn der Einzug von KI in die Arbeitswelt ist längst nicht mehr aufzuhalten. Wer zu spät einsteigt, muss mit Wettbewerbsnachteilen gegenüber Mitbewerbern, die sich schneller gerüstet haben, rechnen.

Der Erfolg vom KI-Einsatz hängt auch im Recruiting sehr davon ab, wie gut das, was KI leisten und nicht leisten kann, verstanden wird. Dafür ist es wichtig, die Schwächen, Nachteile und Risiken von KI genau zu kennen, insbesondere die folgenden:

Volumen und Qualität der Daten

Die Qualität der Ergebnisse, welche die KI im Recruiting liefern kann, hängt sehr stark von der Qualität der Daten ab, mit denen die KI gefüttert und trainiert wird.

Voraussetzung für die erfolgreiche Implementierung von AI Recruiting ist also ein guter Datenpool mit einer hohen Bandbreite von Bewerberprofilen. Bevor in KI-Lösungen investiert wird, sollte der Datenbestand auf hohe Qualität geprüft bzw. optimiert werden, damit veraltete, unvollständige oder gar falsche Daten die Arbeit der KI nicht negativ beeinflussen.

Anschaffungs- und Implementierungskosten

Initial können Kosten und Aufwand für die Anschaffung und professionelle Implementierung einer KI-Technologie recht hoch sein, je nachdem wie komplex die Anwendung und wie umfangreich die Funktionen der KI sein sollen.

Hier können rechtliche Gesichtspunkte vor überdimensionierten Lösungen schützen, denn aus rechtlicher Sicht wird empfohlen, dass immer nur so viel Künstliche Intelligenz wie tatsächlich benötigt eingesetzt wird. Sofern bestimmte Prozesse – z.B. über ein Bewerbermanagementsystem – auch ohne eine KI automatisiert werden können, rechtfertigt sich eine KI-Anwendung an der Stelle nicht.

Wichtig ist also, genau auf den individuellen KI-Bedarf im Recruiting-Team zu schauen. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass KI-Lösungen anfänglich einen Kostennachteil darstellen, der über die Zeit jedoch zu einem erheblichen Kostenvorteil werden kann.

Rechtliche Grauzonen und fehlende Regulierung

Unternehmen müssen sicherstellen, dass jegliche KI-Anwendung in ihrem Unternehmen datenschutzkonform eingesetzt wird. Personenbezogene Daten sollten auf Basis der DSGVO verarbeitet werden. Zudem gibt Artikel 22 der DSGVO vor, dass bestimmte Entscheidungen nicht ausschließlich von einer KI getroffen werden dürfen, wie zum Beispiel eine Stellenbesetzung.

Zusätzlich gibt es den EU AI Act (Vorschlag für ein europäisches Gesetz über Künstliche Intelligenz), dessen Inkrafttreten noch erwartet wird. Unternehmen können sich bereits jetzt über das Compliance Tool darauf vorbereiten.

Viele Fragen zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz sowie zum Schutz vor Missbrauch von KI-Lösungen sind noch ungeklärt. Unternehmen und damit auch Recruiting-Teams müssen ihre KI-Aktivitäten mit Blick auf die rechtlich noch recht undurchsichtige Lage gut abwägen.

Objektivität und Chancengleichheit stellt sich nicht von alleine ein

KI-Systeme können hervorragend vor Unconscious Bias schützen, aber nur, wenn sie auf Basis von Trainingsdaten arbeiten, die um die menschlichen Verzerrungen und unbewussten Präferenzbildungen bereinigt sind. Wieder gilt der Grundsatz: Die KI ist nur so gut wie die Daten, mit denen sie gefüttert wird.

Deshalb ist sicherzustellen, dass die Datenbasis für AI Recruiting repräsentativ und vielfältig ist und regelmäßig auf mögliche Zerrbilder überprüft wird. Zur weiteren Absicherung vor voreingenommenen Ergebnissen hilft natürlich immer ein Monitoring durch Menschen, die eine faire Verwendung der Daten überwachen.

Unsicherheiten bei Mitarbeitenden

Oft ist mangelnde Kenntnis darüber, wie genau KI-Systeme funktionieren und in Arbeitsprozesse eingebunden werden, der Grund dafür, dass Mitarbeitende Unsicherheiten oder sogar Ängste vor Jobverlust entwickeln.

Eine gute Aufklärung kann solche Befürchtungen meist sehr schnell und gründlich aufheben. Allen Beschäftigten im Recruiting-Team sollte klar sein, dass KI-Lösungen sie nicht ersetzen, sondern entlasten. Die Zukunft gehört denjenigen, die schnell lernen, wie sie KI-Systeme optimal in ihren Arbeitsalltag einbinden.

Ethische Grenzen der KI

Künstliche Intelligenz kann bereits jetzt Dinge leisten, die sich nahe oder auch außerhalb ethischer Grenzen befinden. Beispielsweise können Stimmungsanalysen erkennen, wie sich ein Kandidat fühlt und sogar Rückschlüsse auf ein mögliches Vorliegen von Burnout, Depression oder Ängste der Person liefern. Eine KI-Fähigkeit, die durchaus kontroverse Ethik-Diskussionen auslöst.

Egal wie verblüffend die Möglichkeiten der KI sind, sie sollten immer mit einem gut funktionierenden ethischen Kompass von Menschen bewertet werden.

Die hohe Kunst: KI und Candidate Experience

Der War for Talents ist noch lange nicht vorbei. Im Gegenteil – es scheint, die Bemühungen um gute Talente nehmen auf einer nach oben offenen Skala unaufhörlich weiter zu. Blitzschnell und oftmals bereits in der frühen Recruiting-Phase weit vor dem Vorstellungsgespräch verschaffen sich Kandidaten einen ersten Eindruck von Unternehmen, die sich um sie als potenzielle neue Arbeitgeber bewerben.

Immer wieder zeigt sich, dass im Candidate Marketing vor allem diejenigen den Kampf um gefragte Talente gewinnen, die vom ersten Kontakt an individuell und mit authentischer Wertschätzung auf sie eingehen. Und genau hier beginnt der Spagat: Einerseits bietet AI Recruiting ein hohes Maß an Entlastung durch standardisierte, automatisierte Recruiting-Prozesse, andererseits sind persönlicher Kontakt und individuelle Ansprache für die Überzeugungsarbeit gegenüber potenziellen Mitarbeitern so wichtig wie nie.

Eine repräsentative Studie durch die Internationale Hochschule IU zeigt, dass 9 von 10 Bewerbern noch keine bewusste Erfahrung mit KI in einem Bewerbungsprozess gemacht haben. Und noch wichtiger: 80 Prozent der Befragten geben an, dass sie sich weniger wertgeschätzt fühlen, sollte eine KI über ihre Anstellung entscheiden.

Die Anerkennung und Wertschätzung echter und möglicherweise für die eigene Karriere richtungsweisender Menschen wiegt nun einmal um ein Vielfaches schwerer als ein durch Maschinen simulierter Kontakt. Wer weiß, was noch kommt, aber gegenwärtig lässt sich festhalten, dass die Bindung zu einem Unternehmen über die Menschen, die es repräsentieren, erfolgt, nicht über Maschinen.

Wie lassen sich nun also die erheblichen Entlastungen von KI im Recruiting nutzen, ohne dass das Wichtigste – der positive Eindruck von Kandidaten über die Art, wie das Unternehmen mit potenziellen neuen Mitarbeitern umgeht – auf der Strecke bleibt?

Die Lösung findet sich in einer guten Entschlüsselung der Candidate Experience. Wer für seinen Recruiting-Prozess die neuralgischen Punkte innerhalb der Candidate Journey genau kennt, kann sehr gut entscheiden, an welchen Punkten es mit persönlichen Ansprechpartnern menscheln sollte und welche Abschnitte sich standardisiert automatisieren lassen. Damit ergibt sich dann auch eine gute Gewichtung von KI-Abschnitten im Verhältnis zu einem ausreichenden Niveau von Kontakt und Austausch mit Menschen.

Die besten KI-gestützten Recruiting-Prozesse sind diejenigen, hinter denen die Kandidaten aufgrund der gelungenen persönlichen Ansprache keine KI vermuten. Deshalb sind fehlerhafte, unpassende und unpersönlich wirkende (Kommunikations-)Prozesse, die bei derzeitigen KI-Implementierungen leider noch viel zu häufig sichtbar werden, am besten von vornherein zu vermeiden.

Wie sieht das KI-gestützte Recruiting der Zukunft aus?

Manches ist noch unklar und mitten im Werden, wenn es um Künstliche Intelligenz für unternehmerische Zwecke geht. Und doch ist bereits jetzt absehbar: Das Maß an Entlastung und Verbesserung, das sich zukünftig durch den gezielten Einsatz von KI für Unternehmen ergeben kann, ist schlicht gewaltig.

Auch für den Recruiting-Bereich steht nichts weniger als ein Quantensprung bevor. Recruiter, die mit zu viel administrativen, repetitiven Aufgaben überhäuft sind, können endlich mehr von den strategischen, konzeptionellen oder auch kreativen Tätigkeiten in ihren Arbeitsalltag integrieren, für die sie einmal den Beruf des Recruiters gewählt haben.

Damit werden Talentsucher, die mit guter Kenntnis um die Stärken und Schwächen der KI genau wissen, wie sie sie für ihre Zwecke am besten einsetzen können, noch motivierter, effizienter und aufgrund guter Aufklärung ohne Sorge um ihren Job arbeiten können.

Eine sinnvolle Arbeitsteilung zwischen Künstlicher Intelligenz und Mensch wird sich zukünftig noch deutlicher abzeichnen. Während die lernende KI immer besser darin wird, mit Hilfe von Algorithmen und Datenanalyse Qualifikationen und Erfahrungsprofile von Kandidaten auszuwerten, können Recruiter ihre Stärken mehr in den Bereichen einbringen, in denen KI-Systeme Schwächen zeigen. Beispielsweise in der Analyse von wichtigen Soft Skills wie zwischenmenschlichen Fähigkeiten, Persönlichkeit oder Kreativität sowie in der Bewertung von Motivation und Cultural Fit bei Kandidaten.

Immer mehr Erfahrungswerte und nachahmenswerte Use Cases werden die Implementierung und Optimierung eines zielgerichteten Einsatzes von AI Recruiting zunehmend erleichtern. Vermutlich schon bald wird sich abzeichnen, welche KI-Innovationen sich als neuer HR-Tech-Standard durchsetzen.

Auch wenn wichtige Standards die Orientierung erleichtern, wird KI auch im Recruiting weiterhin ein sehr dynamisches Thema bleiben. Wichtig bleibt dabei zu erkennen, dass nicht das technisch Mögliche, sondern das von vorausschauend denkenden Menschen Gewünschte stets die Richtschnur zur Auswahl von KI-Anwendungen sein sollte.

Wie wäre z. B. der Einsatz einer Neurotechnologie, welche durch die Messung von Hirnströmen bei Kandidaten Rückschlüsse auf deren Verhaltensmuster und kognitive Fähigkeiten liefert, zu bewerten? Hier braucht es Personalverantwortliche, die unter Berücksichtigung von rechtlichen, ethischen und moralischen Aspekten wohlüberlegte Entscheidungen treffen können.

KI-Anwendungen vor allem als Assistenten zu begreifen (die uns wichtige Hard Facts liefern, aber in der Bewertung von Soft Facts unterlegen sind) wird auch in Zukunft die beste Maxime sein. Egal wie innovativ oder auch reizvoll zukünftige Weiterentwicklungen von Künstlicher Intelligenz sein werden, die finale Deutungshoheit und auch -pflicht bleibt wohl immer in den Händen von menschlichen Entscheidern am besten aufgehoben.

Prompt Engineering – der Schlüssel für KI-Erfolge

Wer dumm fragt, bekommt auch eine dumme Antwort – fast immer wird diese Aussage als falsch benannt, doch bei KI-Anwendungen trifft sie zu: Die Qualität der Antwort, die eine KI liefern kann, hängt ganz erheblich von der dazugehörigen KI-Anfrage, auch Prompt genannt, ab.

Wer nicht weiß, wie eine präzise und für die Künstliche Intelligenz gut verarbeitbare Anweisung an ein KI-System formuliert wird, darf sich über eine schlechte Qualität der Ergebnisse, die die KI liefert, nicht wundern.

Viele sind beispielsweise von dem, was ChatGPT ihnen liefert, enttäuscht, ohne zu ahnen, dass sie mit besseren Prompts auch deutlich bessere Ergebnisse von ChatGPT erhalten würden.

Im Umfeld von generativer KI hat sich – in der Funktion eines KI-Dolmetschers – der Prompt Engineer als ein neues Berufsbild entwickelt. Dieser verfasst die Beschreibung der Aufgabe, die durch die Künstliche Intelligenz erledigt werden soll, als eine für die KI verständliche Frage.

Um zügig von den Vorteilen der Künstlichen Intelligenz zu profitieren, können Prompt Engineers bei der Implementierung von KI-Lösungen sehr nützliche Starthilfe geben, auch für Recruiting-Teams. Auf Dauer ist es dann sicherlich gut, wenn Recruiter selbständig ein gutes Prompting für ihre KI-Einsatzzwecke beherrschen.

Sie möchten noch mehr darüber erfahren, wie ein gutes AI Recruiting aufgebaut werden kann? Dann schauen Sie sich gern die Aufzeichnung unseres Webinars zum Thema KI und HR an, ein echter KI-Insider gibt darin nützliche Tipps für eine smarte Anwendung von KI im Recruiting!

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Olaf Schaefer

Olaf Schaefer

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Ich bin Mit-Gründer und Vorstand der HR Recruitment & Interim AG und manchmal auch noch HR Interim Manager, wodurch ich in den aktuellen HR- Themen drin bleibe. In meiner bisherigen Laufbahn durfte ich u. a. als HR Director, Werkspersonalleiter, Change Manager und in einer Vielzahl von HR-Projekten für Unternehmen wie Shell, PPG Industries, Magna, AstraZeneca und Vattenfall arbeiten.

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